Um sich vor finanziellen Folgen durch Schäden innerhalb der Pflegefamilie zu schützen, benötigen Pflegeeltern eine Innenhaftpflicht.
Pflegeeltern benötigen zur Vollständigkeit die so genannte Innenversicherung, damit Schäden innerhalb der Pflegefamilie versichert sind.
Zu den versicherten Personen zählen in der “normalen” Privat Haftpflicht Versicherung der
Versicherungsnehmer, der Ehegatte und die Kinder. Pflegekinder werden
wie leibliche Kinder behandelt. Es sind Personen-, Sach- und
Vermögensschäden versichert, welche einem Drittem durch eine versicherte
Person zugefügt werden. Schäden untereinander werden von dieser Versicherung nicht übernommen.
Was also, wenn Pflegeeltern den Pflegekindern oder Pflegekinder den Pflegeeltern einen Schaden zufügen?
Welche Versicherung zahlt bei Schäden zwischen Pflegeeltern und Pflegekindern?
Genau, die Innenhaftpflichtversicherung. Wie oben bereits erwähnt leistet die “normale” private Haftpflicht Versicherung bei Schäden zwischen Pflegeeltern und Pflegekindern nicht. Die zuständigen Jugendämter übernehmen teilweise Schäden zwischen Pflegeeltern und Pflegekindern und zahlen diese aus der Gemeindekasse.
Achtung: Die Jugendämter müssen keine
Schäden übernehmen, welche die Pflegeeltern den Pflegekindern zugefügt
haben. Dies entschied der Bundesgerichtshof bereits am 23.02.2006. mehr lesen
In vielen Fällen besteht über das Jugendamt auch eine spezielle Versicherung für Pflegeeltern. Doch Vorsicht, die Verträge weisen oft gravierende Versicherungslücken auf.
Für unter 60,-€ pro Jahr können Sie da finanzielle Risiko absichern.
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bekommen können, kontaktieren Sie mich bitte über unser Kontaktformular.
Die Bindungsstörungen des Kindes gehören gemäß ICD-10 zur Gruppe gestörter sozialer Funktionen. Es wird unterschieden in
reaktive Bindungsstörung des Kindesalters (F94.1, entspricht „gehemmte Form“ im DSM-IV) und
Bindungsstörung des Kindesalters mit Enthemmung (F94.2, entspricht „ungehemmte Form“ im DSM-IV).
Die Symptome einer reaktiven Bindungsstörung im Kindesalter sind:
1. Störungen der sozialen Funktion:
• Abnormes Beziehungsmuster zu Betreuungspersonen mit einer Mischung aus Annäherung und Vermeidung und Widerstand gegen Zuspruch
• Eingeschränkte Interaktion mit Gleichaltrigen
• Beeinträchtigung des sozialen Spielens
• Gegen sich selbst und andere gerichtete Aggressionen und
Im Rahmen der Diagnostik sollen die Störungen im sozialen und
emotionalen Bereich nicht nur gegenüber einer Person, sondern in
verschiedenen sozialen Situationen zu beobachten sein. Die reaktive
Bindungsstörung tritt besonders bei jüngeren Kindern auf.
Die Ursachen einer reaktiven Bindungsstörung im Kindesalter sind vor
allem in Vernachlässigung und Verwahrlosung im frühen Kindesalter zu
sehen.
Die Symptome einer Bindungsstörung im Kindesalter mit Enthemmung sind überwiegend Störungen der sozialen Funktionen:
• Abnormes Beziehungsmuster zu Betreuungspersonen mit einer Mischung aus Annäherung und Vermeidung und Widerstand gegen Zuspruch
• Inadäquate Reaktionen auf Beziehungsangebote von Bezugspersonen
• Nicht-selektives Bindungsverhalten mit wahlloser Freundlichkeit und Distanzlosigkeit
• Gleichförmige Interaktionsmuster gegenüber Fremden
• Eingeschränkte Interaktion mit Gleichaltrigen
• Beeinträchtigung des sozialen Spielens
• Gegen sich selbst und andere gerichtete Aggressionen
Emotionale Auffälligkeiten können vorkommen, stehen aber nicht im
Vordergrund. Die Bindungsstörung mit Enthemmung entwickelt sich in der
Regel im fünften Lebensjahr aus der erstgenannten Störung.
Diagnostik von Bindungsstörungen
Die Symptome von Bindungsstörungen ähneln denen anderer möglicher Diagnosen. Symptomähnliche Diagnosen können sein:
• Psychosoziale Probleme infolge von sexueller oder körperlicher Misshandlung im Kindesalter
• Körperliche Probleme infolge von Misshandlung
• Autismus (Diagnostikunterschied: Sprachvermögen intakt)
• Asperger Syndrom
• Anpassungsstörungen/ Schizoide Persönlichkeitsstörung/ Formen der
Schizophrenie (Diagnostikunterschied: keine Wahnvorstellungen)
• Kognitive Behinderungen (Diagnostikunterschied: Intelligenz normal ausgeprägt)
Im Rahmen der Diagnostik müssen diese möglichen anderen Störungen ausgeschlossen werden.
Hierbei ist ein sorgfältiges Vorgehen erforderlich. Durch:
• die Exploration der Bezugspersonen: allgemeiner Entwicklungsverlauf
des Kindes, Entwicklung der Symptomatik, Lebensbedingungen, Wechsel von
Bezugspersonen, Betroffensein von aktiver oder passiver Misshandlung
und/oder sexuellem Missbrauch
• Informationen von Fachkräften, die das Kind kennen (Schule,
Kindergarten, Kinderarzt, Jugendamt): Verhalten, Entwicklungsstand und
Leistung
• die Exploration des Kindes (in Abhängigkeit vom Alter): Ausmaß der
Störungen, der aktuellen und zu erwartenden Beeinträchtigungen und
• eine körperliche und psychiatrische Untersuchung des Kindes: Ausschluss symptomähnlicher Diagnosen
soll ein möglichst umfassendes Bild entstehen.
Zudem ist zu untersuchen, ob möglicherweise Begleitstörungen (z.B.
Störungen des Sozialverhaltens, Hyperkinetische Störungen,
Angststörungen) vorliegen.
Behandlung von Bindungsstörungen
Ziele der Behandlung von Bindungsstörungen sind
1. die (Wieder-)Herstellung eines die Entwicklung fördernden
Bezugsrahmens, der dem Kind Bindungsstabilität bieten kann. Dies kann
u.U. die Herausnahme aus dem derzeitigen Bezugsrahmen nötig machen. Der
Bezugsrahmen soll idealerweise alle das Kind betreffenden psychosozialen
Kontakte umfassen (Familie, Pflegefamilie, Heim, Kindergarten, Schule…)
und
2. die Aufarbeitung der eventuell bestehenden Entwicklungsbeeinträchtigungen.
Dies kann auf ambulantem, teilstationärem oder stationärem Weg
erfolgen. Welche Art der Behandlung angezeigt ist, ist abhängig von dem
Schweregrad der Störung, von Ausmaß und Auftreten von
Entwicklungsbeeinträchtigungen (wie stark, nur in der Familie oder auch
an anderen Orten) und der Funktionsfähigkeit des psychosozialen
Umfeldes.
Ambulante Behandlung
Ist die Funktionsfähigkeit überwiegend nur in einem Bereich gestört
(z.B. Familie) und ist die Eingliederung in den bisherigen Bezugsrahmen
wieder möglich, kommt eine ambulante Behandlung in Betracht.
Sie umfasst
• die Aufklärung der familiären Bezugspersonen über die Symptomatik und
evtl. Begleitstörungen und über Verlauf und Prognose sowie die Beratung
und Begleitung der Bezugspersonen im Hinblick auf ihr Verhalten dem Kind
gegenüber (Reflexion/ Supervision, Verhaltensänderung,
Verhaltensteuerung, Stärkung)
• Aufklärung und Beratung von Erziehern und Lehrern und anderen nicht-familiären Bezugspersonen
• Aufklärung des Kindes (in altersangemessener Weise) bzgl. der Gründe seines Verhaltens
• psychotherapeutische Einzel- oder Gruppenmaßnahmen
• evtl. funktionelle Therapien (z.B. Krankengymnastik, Logopädie,
Ergotherapie), sofern entsprechende Entwicklungsstörungen vorliegen
• evtl. medikamentöse Therapie
• evtl. Behandlung von Begleitstörungen wie hyperkinetisches Syndrom
Teilstationäre Behandlung
Ist die Funktionsfähigkeit in mehr als einem Bereich gestört (z.B.
Schule und Familie), eine Eingliederung in den bisherigen Bezugsrahmen
jedoch wieder möglich, kommt eine teilstationäre Behandlung in Betracht.
Sie bedeutet z.B. die tageweise Unterbringung des Kindes in einer
sozialpädagogischen Tagespflege oder einer Tagesgruppe der Kinder- und
Jugendpsychiatrie. Dort erfolgen die therapeutischen Angebote an das
Kind.
Die teilstationäre Behandlung entlastet die Bezugspersonen, stellt
aber gleichzeitig sehr hohe Anforderungen an ihre
Kooperationsbereitschaft und –fähigkeit, da das (bindungsgestörte!) Kind
einem ständigen Wechsel des Bezugsrahmens ausgesetzt ist.
Stationäre Behandlung
Die stationäre Behandlung ist dann angezeigt, wenn aufgrund des
Schweregrades der Symptomatik die Eingliederung des Kindes in sein
bisheriges bindungsstabiles Milieu nicht unmittelbar möglich ist,
sondern längerfristig vorbereitet werden muss.
Im Rahmen der stationären Behandlung mit dem Ziel der
Wiedereingliederung in den bisherigen Bezugsrahmen ist es unabdingbar,
dass dem Kind die Bezugspersonen erhalten bleiben.
Ist eine Rückkehr in das bisherige Lebensumfeld nicht möglich (z.B.
weil das bisherige Lebensumfeld des Kindes sich als nicht
Entwicklungsfördernd und Bindungsstabil erweist oder weil die Schwere
der Symptomatik im bisherigen Bezugsrahmen des Kindes nicht aufgefangen
werden kann), müssen Maßnahmen der Jugendhilfe eingeleitet werden (z.B.
Herausnahme aus der leiblichen Familie, Pflegestellenwechsel).
Die Grundlagen der Bindungsfähigkeit werden im ersten Lebensjahr des Kindes angelegt.
Ab dem Tag der Geburt ist das Verhalten des Kindes daran
ausgerichtet, die Aufmerksamkeit einer erwachsenen Person zu erhalten.
Hierfür verfügt es über ein biologisch angelegtes Repertoire an
Verhaltensweisen: weinen, schreien, glucksen, grinsen…, die der
erwachsenen Person signalisieren, wie sich das Kind fühlt und was es
benötigt.
Für die gesunde Entwicklung eines Säuglings ist es absolut notwendig,
dass seine primäre Bindungsperson feinfühlig ist. Das heißt, die
Signale des Säuglings müssen von der erwachsenen Bezugspersonen
verstanden und die dahinter stehenden Bedürfnisse unmittelbar,
regelmäßig und zuverlässig befriedigt werden. Dies stellt die
existentiellen Grundbedürfnisse (Nahrung, Sauberkeit, Wärme) sicher und
gibt dem Kind die Sicherheit, sich auf die Erkundung der Welt
einzulassen.
Die erwachsene Bezugsperson muss nicht zwangsläufig die leibliche
Mutter sein. Auch andere Erwachsene können diese Rolle übernehmen, wenn
sie dem Kind liebevoll begegnen, beständig und für das Kind gefühlsmäßig
erreichbar sind und ihre Zahl überschaubar ist. Zwar liebevoll
zugewandte, aber ständig wechselnde Bezugspersonen können dem
Bindungsbedürfnisses eines Säuglings/ Kleinkindes nicht gerecht werden.
Werden die Signale des Kindes erkannt und seine Bedürfnisse
zuverlässig, liebevoll und beständig erfüllt, kann das Kind eine sichere
Bindung eingehen. Es wächst in dem Bewusstsein von Sicherheit und
Geborgenheit auf und erhält daraus die Zuversicht, auch in neuen
Situationen Schutz finden zu können und sie nicht als Bedrohung zu
erleben. Es kann „die Welt erkunden“.
Ein bindungssicheres Kind verhält sich eher unternehmungslustig. Solange
die Eltern in Sichtweise sind, bewegt es sich von ihnen fort, um seine
Umgebung zu erforschen. Es entwickelt Neugier und Selbstständigkeit,
denn es weiß, dass es im Zweifelsfall beschützt wird. In ungewohnten
Situationen schwindet jedoch seine Neugier und es sucht die Nähe seiner
erwachsenen Bezugspersonen, um zunächst von dort aus – sicher und
beschützt – die neuen Erfahrungen einzuschätzen.
Das Erleben einer sicheren Bindung und damit verbunden die positiv
geprägten Erlebnisse und Erfahrungen führt zu einer Hirnreifung. Bei der
Geburt ist das Gehirn nur mit den „genetisch verankerten Programmen“
ausgestattet, die überlebensnotwendig sind. „Alles andere“ muss sich
entwickeln. Das Gehirn muss reifen, es werden Vernetzungen aufgebaut.
Die Entwicklung dieses Reifungsprozesses ist abhängig von den
Erfahrungen, die das Kind macht und den Dingen, die es erlebt. Positive
Erfahrungen und Altersangemessene und ausreichende Anreize fördern die
Reifung des Gehirns – sowohl im Bereich der kognitiven als auch der
emotionalen und sozialen Fähigkeiten. Aus diesem Prozess entsteht eine
emotionale Bindung, die für ein ganzes Leben wichtig ist.
Erleben Kinder in dieser sehr frühen Phase ihres Lebens (und auch
darüber hinaus) ihre erwachsenen Bezugspersonen als nicht dauerhaft
zuverlässig und beständig, sondern als ambivalent, desorientiert oder
gar abweisend oder müssen sie die Erfahrung machen, dass ihre
„Bindungsangebote“ (die Signale, die sie geben) nicht angenommen oder
falsch gedeutet werden (z.B. bei Vernachlässigung), kann es nicht nur zu
körperlich existentiellen Problemen, sondern auch zu langfristigen
Bindungsstörungen mit Folgeschäden in der emotionalen Gesundheit kommen.
Bereitschaftspflegefamilien nehmen Kinder oder Jugendliche in akuten
oder chronischen Notsituationen (rund um die Uhr) bis zur weiteren
Klärung ihrer Situation auf. Die Kinder kehren dann entweder zu ihren
Familien zurück oder werden in Pflegefamilien bzw. Einrichtungen
vermittelt. Bereitschaftspflegeeltern müssen sich darüber im Klaren
sein, dass es ständig neue, veränderte Situationen in ihren Familien
gibt.Sie müssen flexibel in ihen Handlungen und Gedanken sein.
Besuchkontakte stellen für Pflegeeltern und leibliche Eltern oft eine besondere Herausforderung dar.
Leibliche Eltern werden mit der Familie konfrontiert, die „es besser
macht“ und müssen erleben, dass ihr Kind sich an „fremde Personen“
bindet. Dennoch ist es wichtig, dass sich leibliche Eltern darum
bemühen, nicht den Pflegeeltern die Schuld für die Unterbringung dort zu
geben.
Pflegeeltern werden mit der Herkunft des Kindes konfrontiert und
damit, was das Kind vor der Unterbringung bei ihnen, erleben musste. Das
bringt häufig Gefühle wie Trauer oder Wut mit sich. Dies ist
verständlich. Dennoch ist es wichtig, dass die Pflegeeltern sich
bezüglich der leiblichen Eltern um eine Unterscheidung von
Persönlichkeit und dem, was sie (nicht) getan haben, bemühen.
Pflegeeltern müssen und sollen die Vorkommnisse, die zur Herausnahme des
Kindes geführt haben, nicht tolerieren, verschweigen oder beschönigen,
sie dürfen aber dennoch die Personen nicht verachten.
Wenn dies gelingt, können auch Besuchskontakte positiv verlaufen.
Hierbei werden sowohl die leiblichen Eltern als auch die Pflegeeltern
häufig Unterstützung durch das Jugendamt benötigen.
Wer hat ein Anrecht auf Besuchkontakte?
Gem. § 1684 BGB haben Kinder einen Anrecht auf Umgang mit beiden
Elternteilen. Dies gilt grundsätzlich auch für Kinder, die nicht mehr
bei ihren Eltern leben. Auch die Eltern haben ein Recht auf Umgang mit
dem Kind. Dieses Recht besteht unabhängig davon, ob die Eltern noch
sorgeberechtigt sind.
Durch Besuchskontakte sollen leibliche Eltern und Kind den gegenseitigen Kontakt halten.
Gem. § 1685 BGB haben auch andere für das Kind wichtige
Bezugspersonen (Großeltern, Stiefelternteil, Lebenspartner der Mutter,
ehemalige Pflegeeltern), wenn diese tatsächliche Verantwortung für das
Kind übernommen hatten, ein Recht auf Umgang mit dem Kind. Der Umgang
mit nahen Bezugspersonen soll dem Kind eine größtmögliche Kontinuität
ermöglichen, extreme Brüche verhindern und eine Verbindung zwischen
verschiedenen Lebenssituationen schaffen.
Welches Ziel haben Besuchskontakte?
Je nach Unterbringungsform des Kindes werden durch die Besuchskontakte unterschiedliche Ziele verfolgt.
Ist innerhalb eines überschaubaren Zeitraumes die Rückkehr zu den
leiblichen Eltern geplant, dienen die Besuchskontakte der Erhaltung und
Festigung der Bindung.
Bei dauerhaftem Verbleib des Kindes in der Pflegefamilie soll durch
die Besuchskontakte erreicht werden, dass sich Pflegekind und leibliche
Eltern nicht vollständig entfremden, sondern dass sie um- und
voneinander wissen.
Pflegekinder – auch wenn sie bereits als Baby in die Pflegefamilie kamen
– wachsen in dem Bewusstsein auf, zwei Eltern (-paare) zu haben und
wollen in der Regel „irgendwann“, spätestens in der Pubertät, um ihre
Herkunft wissen. Sie wollen die Gründe der Unterbringung verstehen
können und eventuell Fragen an ihre leiblichen Eltern stellen, möchten
wissen, wo sie ihren Eltern ähneln und wo sie sich unterscheiden… Findet
ein durchgängiger Kontakt statt, lässt sich für die Kinder ihre
Lebenssituation oft leichter begreifen.
Wurde der Umgang z. B. aufgrund schwerer Traumatisierungen
ausgeschlossen oder machen die Eltern von ihrem Besuchsrecht keinen
Gebrauch, ist es sinnvoll, für das Kind Informationen und ggf. Fotos zu
sammeln, um bei Fragen Antworten geben zu können.
Wer entscheidet über die Besuchskontakte?
Die Planung und Durchführung von Besuchskontakten ist immer an den
Bedürfnissen des Pflegekindes zu orientieren aber auch daran, dass die
leiblichen Eltern ein Anrecht darauf haben, an der Entwicklung ihres
Kindes teilzuhaben.
Über die Ausgestaltung von Besuchskontakten wird in der Hilfeplanung
entschieden. Jugendamt, Vormund, leibliche Eltern und Pflegeeltern
vereinbaren sich über die Häufigkeit und Dauer der Besuchkontakte, über
den Ort und eventuelle weitere Rahmenbedingungen (z.B. begleiteter
Umgang) und evtl. Veränderungen zu vorherigen Absprachen.
Wo und wie häufig finden Besuchskontakte statt?
Besuchskontakte können an einem neutralen Ort, z.B. Spielplatz oder Spielzimmer im Jugendamt stattfinden.
Besuchskontakte können auch im Haushalt der Pflegefamilie
stattfinden. Pflegeeltern haben aber keine Verpflichtung, dies
zuzulassen (Unverletzlichkeit der Wohnung).
Leibliche Eltern können das Kind zum Besuchskontakt abholen und nach Ablauf der vereinbarten Zeit zurückbringen.
Welche „Form“ des Besuchskontaktes gewählt wird, ist immer im
Einzelfall abzuwägen. Hierbei sind die Bedürfnisse und das Alter des
Kindes, die Vorerfahrungen in der leiblichen Familie, die aktuelle
Situation in der Herkunftsfamilie, die Einstellung der leiblichen Eltern
zur und das Ziel der Unterbringung (dauerhaft oder Rückführung geplant)
des Kindes u.a. zu berücksichtigen.
Gleiches gilt für die Häufigkeit und Dauer der Besuchskontakte.
Gibt es immer Besuchskontakte?
Die Umgangskontakte dürfen das Wohl des Kindes nicht gefährden oder
schädigen. Außerdem haben sich die Eltern und weitere Umgangspersonen
des Kindes so zu verhalten, dass Beziehungen des Kindes zu den
Pflegeeltern nicht beeinträchtigt werden und die Erziehung des Kindes
durch den Umgang nicht erschwert wird (§ 1684 Abs. 2 BGB).
Stellen Besuchskontakte eine Gefährdung des Kindeswohles dar (z.B.
bei traumatisierten Kindern, die durch die Besuche retraumatisiert
werden) können die Umgangskontakte ausgesetzt werden. Auch hierzu bedarf
es einer Vereinbarung im Rahmen der Hilfeplanung. Ist diese nicht
erreichbar, kann über das Gericht eine Aussetzung der Umgangskontakte
beantragt werden (§ 1684 Abs. 4 BGB).
Erfahren die Eltern dann gar nichts über das Kind?
Wurde der Umgang von leiblichen Eltern zu ihrem Kind ausgeschlossen,
steht ihnen ersatzweise ein Auskunftsrecht zu (§ 1686 BGB), sofern sie
ein berechtigtes Interesse haben und das Auskunftsrecht keine
Kindeswohlgefährdung bedeutet.
Im Rahmen des Auskunftsrechtes stehen den Eltern regelmäßige
Informationen über die allgemeine Entwicklung des Kindes zu, nicht
jedoch Informationen über jeden kleinen Entwicklungsschritt oder in
kurzen zeitlichen Abständen.
Wenn Menschen sich im Umgang mit Ämtern und Behörden unsicher fühlen
oder sich in schwierigen Situationen befinden, in denen sie sich mit
Ämtern und Behörden auseinandersetzen müssen, haben sie gem. § 13 SGB X
die Möglichkeit, zu Terminen bei Ämtern und Behörden eine Person ihres
Vertrauens, einen Beistand, mitzunehmen, der ihnen zur Seite steht oder
einen Bevollmächtigen die Verhandlungen für sich führen zu lassen.
Pflegeeltern können im Pflegeverhältnis an einen Punkt kommen, an dem
sie Gespräche mit dem Jugendamt nicht mehr alleine wahrnehmen möchten.
Wenn sich im Rahmen der Hilfeplanungen unterschiedliche Ansichten
ergeben, wenn sich Pflegeeltern von Fachkräften nicht (ausreichend)
unterstützt oder von der Herkunftsfamilie angegriffen fühlen, kann es
hilfreich sein, eine Vertrauensperson an der Seite zu wissen.
Jede Person kann Beistand sein: eine Freundin, der Nachbar, eine
Fachkraft… Wer als Beistand mitgenommen wird, sollte davon abhängig
gemacht werden, weswegen er als notwendig empfunden wird. Werden z.B.
moralische Unterstützung oder ein Gesprächszeuge benötigt, könnte eine
befreundete Pflegemutter Beistand sein. Geht es um konträre fachliche
Ansichten oder fühlen sich die Pflegeeltern durch ihre Fachkraft nicht
ausreichend unterstützt, bietet es sich an, eine fachlich versierte
Person als Beistand zu wählen, z.B. ein Mitglied eines Verbandes. Viele
Pflegeelternverbände bilden Mitglieder für die Aufgabe als Beistand aus.
Beistände können eine Pflegefamilie gut unterstützen, sie sind aber
keine „Handlanger“ der Pflegefamilie. Geht es rein um moralische
Unterstützung und nicht um inhaltliche Auseinandersetzung, kann die
Beistandschaft ein Freundschaftsdienst sein. Wird jedoch durch den
Beistandes auch fachliche Unterstützung erwartet (oder vertritt der
Beistand eine Organisation, z.B. einen Pflegeelternverband) wird er
vorab mit den Pflegeeltern besprechen, welche Erwartungen an ihn
gerichtet werden, welche Positionen er vertreten soll und ob diese aus
seiner Sicht angemessen sind. Ist dies nicht der Fall wird er versuchen,
mit der Pflegefamilie eine auch für ihn tragbare Lösung zu entwickeln
oder die Beistandschaft ablehnen.
Die Aufgabe des Beistandes ist es nicht, bestehende Konflikte unmittelbar zu lösen.
Dies ist und bleibt Aufgabe der Beteiligten des Pflegeverhältnisses.
Der Beistand kann aber gemeinsam mit den Pflegeeltern das Gespräch
vorbereiten, er kann emotional unbeteiligt Problemstellungen von
mehreren Seiten beleuchten und Sichtweisen und Argumente der
Pflegeeltern diskutieren und gewichten. Er kann Lösungswege vorschlagen.
Dies kann bereits im Vorfeld eines Gespräches für Entlastung sorgen und
Sicherheit oder sogar neue Sichtweisen schaffen.
Während des Gespräches kann der (in der Regel emotional unbeteiligte)
Beistand auch dann noch dem Gespräch ruhig und aufmerksam folgen, wenn
die Pflegeeltern emotional aufgewühlt und dadurch unaufmerksamer sind.
Er kann das Gespräch dadurch mit den Pflegeeltern nachbereiten. Der
Beistand kann auch – wenn das Gespräch gemeinsam mit den Pflegeeltern
vorbereitet wurde und der Beistand weiß, worum es ihnen geht – die für
die Pflegeeltern wesentlichen Punkte ansprechen, wenn diese sie aufgrund
ihrer emotionalen Belastung vergessen oder nicht klar genug ausdrücken
können.
Gerade, wenn es Schwierigkeiten in der Kommunikation zwischen
Jugendamt und Pflegeeltern gibt, kann auch für die Fachkräfte die
Anwesenheit eines Beistandes positiv sein. Dies kann zur Versachlichung
des Gespräches beitragen.
Das Vorhaben, einen Beistand zu einem Gespräch mit zu bringen, muss
nicht angekündigt werden. Es kann allerdings durchaus sinnvoll und ein
Zeichen von Fairness sein, den Wunsch vorab dem Jugendamt mitzuteilen.
Möglicherweise ergibt sich bereits aus der Ankündigung eine neue
Gesprächsmöglichkeit.
Begleiteter Umgang von Pflegekindern kann im Rahmen der Hilfeplanung
vereinbart oder durch das Gericht angeordnet (§ 1684 Abs. 4 BGB) werden.
Er kommt zum Beispiel dann in Betracht, wenn
· zum Schutz des Kindes eine Beaufsichtigung erforderlich ist,
· die leiblichen Eltern Unterstützung im Umgang mit dem Kind benötigen,
· die Bezugspersonen des Kindes (z. B. Pflegeeltern und leibliche
Eltern) in starker Konkurrenz zueinander stehen oder „nichts miteinander
zu tun haben wollen“,
· leibliche Eltern die Unterbringung des Kindes nicht akzeptieren können
und durch ihr Handeln oder ihre Aussagen das Pflegeverhältnis
„torpedieren“ und das Kind verunsichern ,
· nach langer Kontaktpause wieder Kontakte angebahnt werden sollen,
· eine problembeladene Beziehung zwischen dem Kind und der Umgangsperson
besteht, die mit Loyalitätskonflikten des Kindes einher geht oder
· Pflegeeltern nicht bereit sind, den Umgang des Kindes zu seinen Eltern
aktiv zu unterstützen und es ihrerseits in Loyalitätskonflikte bringen.
Begleiteter Umgang kann übergangsweise (z.B. zu Beginn des
Pflegeverhältnisses) oder langfristig stattfinden. Ob eine
übergangsweise oder eine langfristige Umgangsbegleitung erforderlich
ist, ist abhängig von den Gründen, die die Begleitung erforderlich
machten und der Entwicklung, die sich aus dem begleitenden Prozess
ergeben können.
Wie umfangreich die Begleitung ist, ist unterschiedlich. Es ist
denkbar, dass lediglich eine neutrale Person anwesend ist, die
beobachtet oder dass mit den Bezugspersonen des Kindes darüber hinaus
gearbeitet wird, um sie zu befähigen zukünftig unbegleiteten Umgang
wahrnehmen zu können.
Gelingt es trotz begleiteten Umgangs nicht, einen für das Kind
ausreichend sicheren Rahmen zu schaffen, sollte der begleitende und
beratende Prozess beendet und eine Aussetzung des Umgangs vereinbart/
bei Gericht beantragt werden.
Die Umgangsbegleitung kann durch das Jugendamt selber erfolgen. Es
können aber auch ein freier Träger, eine Kinderschutzorganisation oder
eine geeignete Person (z.B. eine Psychologin oder Sozialarbeiterin)
damit beauftragt werden.
Wann kann ein Antrag auf Verbleib („Verbleibensantrag“) gestellt werden?
Wird von Seiten des Jugendamtes oder der leiblichen Eltern erwogen,
ein Pflegekind aus der Pflegefamilie herauszunehmen und zu den
leiblichen Eltern zurückzuführen und sehen die Pflegeeltern hierin eine
Gefährdung des Kindeswohls, können die Pflegeeltern gem. § 1632 Abs. 4
BGB einen Antrag auf Verbleib stellen.
Für eine anzunehmende Gefährdung des Kindeswohls ist es nicht
zwangsläufig notwendig, dass die leiblichen Eltern (weiterhin)
erziehungsunfähig sind oder dem Kind von dort tatsächlich eine konkrete
Gefährdung droht. Sie kann vielmehr auch dann bestehen, wenn das Kind in
der Pflegefamilie verwurzelt ist und von daher durch die Herausnahme
aus der Pflegefamilie, die seine Bezugswelt darstellt, ein erheblicher
Schaden für das Kind zu erwarten ist.
Ist geplant, ein Kind kurzfristig aus der Pflegefamilie
herauszunehmen und erklärt sich der Inhaber des
Aufenthaltsbestimmungsrechtes nicht dazu bereit, das Kind bis zur
Entscheidung über einen Antrag auf Verbleib in der Pflegefamilie zu
belassen, kann der Antrag auf Verbleib verbunden werden mit dem Antrag
auf Erlass einer einstweiligen Verfügung.
Hiermit soll die Möglichkeit geschaffen werden, über die erforderliche
Zeit für eine Entscheidung im Hauptverfahren zu verfügen, ohne dass
durch einen Umzug des Kindes zuvor Fakten geschaffen werden, die dem
Kindeswohl möglicherweise entgegen laufen.
Wo ist der Antrag auf Verbleib zu stellen?
Zuständiges Gericht für die Antragsstellung ist das Amtsgericht am
Wohnort. Eine Anwaltspflicht besteht nicht. Ob Pflegeeltern sich
zutrauen, ein solches Verfahren alleine zu führen, müssen sie selber
entscheiden. Sofern ein Anwalt beauftragt wird empfiehlt es sich aber,
einen auf das Pflegekinderwesen spezialisierten Fachanwalt zu wählen.
Beschwerdeinstanz ist das Oberlandesgericht (OLG). In
Familiengerichtsangelegenheiten herrscht dort – im Gegensatz zu allen
anderen Rechtsangelegenheiten – ebenfalls keine Anwaltspflicht.
Sofern Pflegeeltern einen Anwalt beauftragen, haben sie dessen Kosten
in der Regel selber zu tragen, da sie von den
Rechtsschutzversicherungen nicht übernommen werden. Pflegeeltern sollten
aber versuchen, die Kosten vom Jugendamt erstattet zu bekommen, da sie
nicht in ihrem eigenen Interesse sondern in dem des Kindes gehandelt
haben.
Gerichtskosten, Gutachterkosten oder andere Auslagen sind Pflegeeltern nicht aufzuerlegen.
Was passiert im Verbleibensverfahren?
Das Gericht ist gehalten, anhand verschiedener Faktoren individuell
zu prüfen, ob eine Herausnahme aus der Pflegefamilie – evtl. mit
begleitenden Hilfen – im Interesse des Kindes vertretbar ist oder ob
hiermit eine Kindeswohlgefährdung einher geht.
Eine gesetzlich verankerte Frist, innerhalb welcher Zeit ein Kind zu
seinen leiblichen Eltern zurückgeführt werden kann und ab wann eine
Herausnahme aus der Pflegefamilie nicht mehr möglich ist, gibt es nicht.
Es gibt jedoch Empfehlungen (vgl. Schwab und Zenz: Gutachten zum 54.
Deutschen Juristentag), die – orientiert am kindlichen Zeitbegriff –
davon ausgehen, dass
– Kinder, die bei der Unterbringung noch keine drei Jahre alt waren nach maximal zwölf Monaten und
– Kinder, die zum Zeitpunkt der Unterbringung zwischen drei und sechs Jahren alt waren, nach maximal 24 Monaten
derart fest in ihrer Pflegefamilie verwurzelt sind, dass eine Trennung
nicht mehr vertretbar erscheint. Diese Empfehlungen sind nicht rechtlich
bindend.
Das Gericht hat sich im Verbleibensverfahren mit folgenden Fragen zu befassen:
– Wie alt war das Kind bei der Inpflegegabe und wie lange lebt es in der Pflegefamilie?
– Welche Gründe gab es für die Herausnahme des Kindes?
– Wie häufig gab es Umgangskontakte zu den leiblichen Eltern und wie sind diese verlaufen?
– Welche Bindungen bestehen zwischen dem Kind und den leiblichen Eltern?
– Welche Bindungen ist das Kind in der Pflegefamilie eingegangen?
Da es hierbei weniger um rechtliche, sondern überwiegend um
psychologische Aspekte geht, wird in der Regel ein kinderpsychologisches
Gutachten erstellt. Hierbei ist es wichtig, dass der beauftragte
Sachverständige über Kenntnisse im Bereich der Bindungstheorie verfügt.
In dem Gutachten ist zu überprüfen
– ob eine Herausnahme des Kindes aus der Pflegefamilie überhaupt
vertretbar ist oder ob das Kind in der Pflegefamilie so tiefe und
stabile Bindungen eingegangen ist, dass bereits durch die Trennung von
den Pflegeeltern schwere und nachhaltige Schäden, die eine
Kindeswohlgefährdung bedeuten, zu erwarten sind und
– ob im Falle einer Rückkehr zu den leiblichen Eltern diese über eine
überdurchschnittliche Erziehungskompetenz verfügen, die sie befähigt,
das Kind einfühlsam zu begleiten, um so zu erwartende Folgen der
Trennung von den bisherigen Bezugspersonen so gering wie möglich zu
halten.
Konkret bedeutet dies, dass für den Fall, dass durch eine Herausnahme
aus der Pflegefamilie schwere Schäden für das Kind zu erwarten sind,
der Verbleib anzuordnen ist – auch, wenn die Eltern (wieder)
erziehungsfähig sind (und letztlich sogar auch, wenn sich herausstellen
würde, dass die Eltern immer erziehungsfähig waren und eine Herausnahme
gar nicht nötig gewesen wäre). Das Kindeswohl ist dann höher anzusiedeln
als die Interessen der leiblichen Eltern.
Damit auch das Kind im Verbleibensverfahren einen Vertreter hat, hat
das Gericht gem. § 50 Abs. 2 Nr. 3 FGG einen Verfahrenspfleger für das
Kind zu bestellen. Er soll als „Anwalt des Kindes“ Sprachrohr des Kindes
sein, dessen Interessen angemessen berücksichtigen und vertreten.
Wenn ein Kind vor der Vermittlung in eine Dauerpflegefamilie in einem
Heim oder einer Bereitschaftspflege lebt, wird in der Regel eine
Anbahnung erfolgen. Sie soll den potentiellen Pflegeeltern und dem Kind
ermöglichen, sich vor dem Umzug kennen zu lernen, sich behutsam
aneinander anzunähern und Entscheidungssicherheit zu bekommen. Eine
erfolgreiche Anbahnung erspart dem Kind einen (weiteren) abrupten
Verlust von seinen derzeitigen Bezugspersonen und seinem momentanen
Lebensmittelpunkt und ermöglicht ihm einen sanften Übergang in die neue
Lebenssituation.
Was passiert in der Anbahnung?
Die potentiellen Pflegeeltern erhalten zunächst Informationen, die
für die Vermittlung von Interesse sind: biographische Daten, Gründe für
die Notwendigkeit der Unterbringung in einer Dauerpflegefamilie,
Informationen über Erkrankungen, Behinderungen, Auffälligkeiten und
therapeutischen Bedarf, rechtliche Situation (z.B. Sorgerechtsentzug),
Perspektive (vermutliche Dauer, gerichtlich geklärt oder nicht u.a.) und
Rahmenbedingung (Besuchskontakte, Einstellung der leiblichen Eltern zur
Unterbringung des Kindes usw.).
Potentielle Pflegeeltern sollten sich nicht scheuen, in dieser Phase
viele Fragen zu stellen, um einen möglichst umfassenden ersten Eindruck
nicht nur von dem Kind, sondern auch den Umständen des
Pflegeverhältnisses und möglichen Schwierigkeiten zu bekommen. Nur so
können sie verantwortungsvoll entscheiden, ob sie sich die Aufnahme des
vorgeschlagenen Kindes vorstellen können.
Wenn dies der Fall ist, erfolgen die ersten Treffen. Die potentiellen
Pflegeeltern lernen das Kind in seiner momentanen Umgebung kennen.
Beide bekommen voneinander einen Eindruck und können entscheiden, ob
„es“ passen könnte.
Häufig erfolgt in dieser Phase auch ein Treffen zwischen leiblichen
Eltern und potentiellen Pflegeeltern. Dieser erste Kontakt ist wichtig.
Er ermöglicht eine erste Einschätzung, ob die Beteiligten sich eine
Zusammenarbeit im Interesse des Kindes vorstellen können.
Wenn sich sowohl die potentiellen Pflegeeltern als auch das Kind
(sofern es sich dazu äußern kann), die leiblichen Eltern und die
beteiligten Fachkräfte eine Vermittlung weiterhin vorstellen können,
werden die Kontakte zwischen der potentiellen Pflegefamilie und dem
Pflegekind schrittweise ausgebaut: In der Regel besuchen zunächst die
künftigen Pflegeeltern das Kind in seinem vertrauten Umfeld. Ist ein
erster gegenseitiger Kontakt aufgebaut, besucht das Kind – evtl.
zunächst in Begleitung seiner momentanen Bezugsperson – die künftigen
Pflegeeltern. Die Besuch werden schrittweise ausgeweitet. Sie finden
üblicherweise zunächst stundenweise, dann tageweise, dann mit
Übernachtung und bei älteren Kindern evtl. auch mehrtägig statt.
Von den derzeitigen Bezugspersonen sollten sich die künftigen
Pflegeeltern so viel wie möglich zum Kind berichten lassen. Welche
Vorlieben und Abneigungen hat es, welche Rituale kennt es? Wie schätzen
die Bezugspersonen das Kind ein? Wie gehen sie mit kritischen
Situationen um? Die Bezugspersonen haben häufig eine längere Zeit mit
dem Kind zusammen gelebt und können daher hilfreiche Anregungen geben.
Zudem wird dem Kind der Übergang in die neue Familie erleichtert, wenn
es bestimmte Konstanten (z.B. bekannte Rituale) gibt.
Wie lange dauert die Anbahnungsphase?
Es gibt keine klaren zeitlichen Vorgaben für die Dauer der Anbahnung.
Sie kann wenige Tage dauern oder mehrere Monate und ist abhängig vom
Alter des Kindes, der Dauer der Unterbringung in der jetzigen Stelle,
der Qualität der Bindungen, die es dort eingegangen ist und von seiner
Bereitschaft, sich auf die neue Situation einzulassen.
Wer hat in der Anbahnungsphase das Sagen?
In der Anbahnungsphase sollten die derzeitigen Bezugspersonen, die
künftigen Pflegeeltern und die beteiligten Fachkräfte vertrauensvoll und
einfühlsam zusammen arbeiten.
Häufig überlassen die beteiligten Fachkräfte die konkrete
Ausgestaltung der Anbahnung den derzeitigen Bezugspersonen und den
künftigen Pflegeeltern weitestgehend selbstständig. Sie sind aber immer
ansprechbar und sollten die Anbahnung professionell unterstützen und bei
der Entwicklung klarer Absprachen helfen.
Manchmal möchte die Pflegefamilie „ihr“ Kind möglichst schnell zu
sich holen und hat das Gefühl, ausgebremst zu werden. Hier sollten die
potentiellen Pflegeeltern bedenken, dass eine behutsame Anbahnung das
spätere Zusammenleben wesentlich erleichtern kann. Sie sollten die
Einschätzung der derzeitigen Bezugspersonen zur Gestaltung der
Anbahnungsphase ernst nehmen, sie kennen das Kind momentan am besten.
Es ist wichtig, dass sich alle Beteiligten regelmäßig über den
Verlauf der Anbahnungsphase austauschen. Wenn dies erfolgt, werden sie
gemeinsam den richtigen Zeitpunkt für die Übersiedlung erkennen.
Kann die Anbahnungsphase abgebrochen werden?
Die Anbahnungsphase soll nicht nur dem Kind zu einem möglichst
sanften Übergang verhelfen, sie soll auch den künftigen Pflegeeltern die
größtmögliche Gewissheit geben, dass sie dieses Kind tatsächlich
dauerhaft bei sich aufnehmen möchten.
Zweifel kommen in der Anbahnungsphase häufig auf und sollten mit der
zuständigen Fachkraft besprochen werden. Oft entspringen sie eher einer
„Angst vor der eigene Courage“ und lassen sich schnell ausräumen.
Manchmal haben sie aber auch tiefergehende Gründe (die Pflegefamilie
befürchtet, mit der Aufnahme dieses Kindes überfordert zu sein, sie
findet keinen Bezug zu dem Kind o.ä.). Dann kann und sollte die
Anbahnung abgebrochen werden. Weder Mitleid mit dem Kind noch die Angst,
nie mehr ein Kind vorgeschlagen zu bekommen oder eine lange Wartezeit
bis zu dem erfolgten Kindervorschlag, sollten dazu führen, eine
Anbahnung gegen die eigene innere Überzeugung fortzuführen. Der Abbruch
einer Anbahnung ist keine „persönliche Bankrotterklärung“, sondern
vielmehr ein Zeichen von großem Verantwortungsbewusstsein und wird von
den Jugendämtern in der Regel auch genau so gesehen!
Grundsätzlich sind Entscheidungen, die ein minderjähriges Kind
betreffen, von den sorgeberechtigten Eltern bzw., wenn ihnen das
Sorgerecht ganz oder teilweise entzogen wurde, von einem Vormund bzw.
Pfleger zu treffen.
Lebt ein Kind in einer Pflegefamilie, müssen jedoch die Pflegeeltern
bestimmte Entscheidungsbefugnisse haben, damit sie überhaupt
handlungsfähig sind.
Gem. § 1688 BGB Abs. 1 sind Pflegepersonen, die ein Kind für längere
Zeit in Familienpflege aufnehmen, daher „berechtigt, in Angelegenheiten
des täglichen Lebens zu entscheiden sowie den Inhaber der elterlichen
Sorge in solchen Angelegenheiten zu vertreten (…)“.
Hiermit gibt der Gesetzgeber Pflegepersonen das Recht, in
alltäglichen Dingen zu entscheiden. Solche Alltagsentscheidungen sind
u.a.:
routinemäßige Arztbesuche
die Wahrnehmung alltäglicher schulischer Belange: Gespräche mit
Lehrern, Teilnahme an Konferenzen, Zeugnisunterschrift, Entscheidung
über die Teilnahme an Arbeitsgemeinschaften, Klassenfahrten o.ä.,
Teilnahme an Klassenpflegschaftssitzungen und Übernahme eines Amtes
Urlaube (Ausnahme: in Krisengebiete o.ä.)
Besuche des Kindes bei Freunden oder Verwandten er Pflegefamilie
Einkäufe für das Kind
Anmeldungen in Vereinen
Für Entscheidungen grundsätzlicher Art (Grundentscheidungen) trägt
der Sorgeberechtigte/ Vormund die Verantwortung. Sie sind von ihm
vorzunehmen. Dies sind u.a.:
Anmeldung zu Kindergarten und Schule
Einwilligung zu Lehrverträge
Einwilligung in Operationen (außer unaufschiebbare Eingriffe)
Impfentscheidungen
Bestimmung des ständigen Aufenthaltes des Kindes (Wohnort)
Die Grundentscheidungen sollen nicht willkürlich getroffen werden,
sondern werden im Rahmen der Hilfeplanung besprochen. Sie müssen dem
Kindeswohl entsprechen. Wollen die sorgeberechtigten Eltern
Entscheidungen treffen, die dem Kindeswohl nicht entsprechen und ist
keine Einigung möglich, kann das Jugendamt das Familiengericht
beteiligen und beantragen, dass von dort eine dem Kindeswohl
entsprechende Entscheidung ergeht bzw. dass das Sorgerecht (teilweise)
entzogen wird (§ 1688 BGB Abs. 3).
In Fragen der religiösen Erziehung sind die leiblichen Eltern immer
zu beteiligen, unabhängig davon, ob sie sorgeberechtigt sind oder nicht.